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Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, den es zu verstehen gilt. Für mich ist ein es einfacher und praktischer Punkt, auch wenn ich verstehen kann, dass es für andere ein Sprung ist. Ich glaube, dass dieses Verständnis irgendwann existieren muss, um sich in diese Richtung zu entwickeln. Es gibt einige Yoga Gesetze und Prinzipien, die, sagen wir mal, weniger greifbar sind als andere. Zum Beispiel das Gesetz des Karma. Die Wissenschaft hat bewiesen, dass das was hoch geht auch wieder runter kommt, aber das war es auch schon. Um daran zu glauben, dass jede Tat, jedes Wort und jeder Gedanke eine gleiche Konsequenz hat, braucht es etwas Intuitiveres, Persönlicheres; es ist eher metaphysisch. Ich persönlich glaube an Karma. Mein Glaube entspringt aus einem intuitiven Gefühl, das durchaus falsch sein kann. Aber bis ich herausfinde, dass ich falsch liege, glaube ich weiterhin daran, denn es fühlt sich richtig an. Nicht zu vergessen, dass der Glaube an Karma einfach zu höheren moralischen Lebensstandards führen könnte. Karma ist aber nicht, was ich hier diskutieren möchte.

Warum alles perfekt ist

Was ich kommunizieren möchte, ist ein anderes Konzept, das ich einfach zu verstehen finde; obwohl ich nicht weiß, ob Du es verstehen wirst. Dieses Konzept ist, dass jede Erfahrung, die wir machen, notwendig und perfekt ist. In anderen Worten, alles ist perfekt. Lass mich versuchen, es zu erklären und dann versuche ich es mit diesem Kurs zu verbinden. Hast Du jemals die Perfektion der Natur bemerkt? Die Jahreszeiten und wie eine sich in die andere wandelt, die fallenden Blätter, sich kompostierende Böden, Regen, neue Setzlinge, Sonnenschein, Wachstum, Blüte etc. Gras wächst, Wild isst Gras, Löwe isst Wild, der Wildbestand wird stabilisiert, damit es auch Gras für andere Tiere gibt; Sonnenaufgang und Sonnenuntergang, Junge und Mädchen, Winter und Sommer. Unwissentlich spielt jedes Ereignis und jeder Mikroorganismus, Insekt, Fisch, Vogel, Tier etc. eine Rolle, die die perfekte Balance des Ökosystems erhält, welches auch unsere Atmosphäre beinhaltet. Hast Du jemals darüber nachgedacht, dass wir, also Du und ich, auch ein Teil davon sind?

So wie sich die Jahreszeiten verändern, die Honigbienen die Blüten befruchten und Honig machen, so machen wir auch genau das, was wir machen sollen. Wir sind auch ein Teil der Natur und bestimmt nicht von ihr getrennt. Genauso wie alles um uns herum, sind wir aus den gleichen Elementen dieser Erde gemacht und sind für unseren Lebensunterhalt vollständig von dieser Erde abhängig. Wir sind Kreaturen dieses Planeten, die über Selbsterkenntnis verfügen und genauso unsere Rolle spielen wie alles andere. Nur weil wir denken können, heißt das nicht, dass wir von allem getrennt sind. Von leblosen Objekten zu Mikroorganismen, Pflanzen, Insekten, Tieren und Menschen gibt es ein steigendes Niveau an Intelligenz. Dennoch sind wir alle ein Teil des Gleichen. Wir sind alle ein Teil des Gleichen, das sich zu einem perfekten Ganzen zusammenfügt. Nochmal, wir sind nicht getrennt. Wir sind nicht etwas anderes. Ich glaube, die Wissenschaft wird mir hier Recht geben. Weil wir nicht getrennt sind und ein Teil des Netzes der Existenz sind, gibt es nichts an uns, das sich nicht perfekt abspielt.

Auch wenn wir den Planeten zerstören, spielen wir unsere Rolle perfekt. Auch wenn wir den Großteil des Lebens auf diesem Planeten zerstören, wären es der Wissenschaft zufolge, nicht das erste Mal. Natürliche Ereignisse haben diesen Planten in der Vergangenheit mehrfach komplett zerstört und genau wie sie, sind wir ein natürliches Ereignis, das den Planten zerstört. Ich sage nicht, dass uns das gefallen muss oder wir nicht versuchen sollten, diesen Weg, auf dem das Konsumbiest Menschheit unterwegs ist, zu verlassen. Ich sage nur, dass nichts existiert, dass nicht perfekt ist und das beinhaltet jeden Gedanken, den wir haben, jedes Wort, das wir sprechen und jede Tat, die wir unternehmen.

Was ich jetzt sage, ist ein Versuch, das Verständnis zu erleichtern, dass wir perfekt sind und dass alles war wir erleben perfekt ist. Es ist nichts verkehrt mit mir, mit Dir, mit den anderen. Es gibt keinen Grund, dem Prozess nicht zu vertrauen, keinen Grund frustriert zu sein, zu kritisieren oder andere zu verurteilen, nichts ist falsch daran, alt zu werden, nicht schwanger werden zu können, einen Autounfall zu haben, behindert zu sein, groß oder klein zu sein oder schwul oder verletzt oder geschieden oder mit einem Idioten verheiratet zu sein, dem Christentum, Judentum oder Islam oder angeborenen Glaubenssätzen oder hart oder locker zu sein oder stark oder schwach zu sein oder schnell oder langsam zu sein oder Verschmutzung, Kriminalität, Krieg etc. Wenn dieses Verständnis wächst, verstehen wir, dass wo wir jetzt sind genauso perfekt ist, wie wo wir hinkommen könnten. Es ist sogar so, dass wo ich hinkomme ein direktes Resultat dessen ist, wo ich jetzt bin, was wo ich jetzt bin genauso wichtig macht.

Die Natur entfaltet sich perfekt

Und wo unser Planet jetzt ist, ist für ihn der perfekte Ort, sich zu entwickeln in was auch immer er sich entwickeln wird, wobei wir offensichtlich helfen. Wenn dieses Verständnis wächst, müssen wir uns nicht verändern und erlauben uns, uns selbst zu sein. Wir hören auf, die Dinge als richtig und falsch zu sehen und wir verstehen ihre Perfektion. Wir hören auf zu widerstehen und zu kämpfen, uns von Situationen und Dingen stressen lassen, weil wir verstehen, dass nichts daran falsch ist. Es ist nichts falsch. Es ist nichts falsch mit mir. Alles entwickelt sich perfekt. So wie sich diese Perfektion entfaltet, lerne und wachse ich und werde alles, was ich werden soll. Eine Sache, die ich in all meinen Jahren auf diesem Planeten gelernt habe,  ist, dass die größte Chance für Wachstum und Verständnis durch die Herausforderungen entstehen, denen wir begegnen. Ohne Herausforderungen gäbe es keine Möglichkeit zur Entwicklung. Der einzige Grund, warum wir Menschen und alle Kreaturen es so weit gebracht haben, sind die Lehren, die wir bewusst und unbewusst durch Herausforderungen gelernt haben. Ohne Herausforderungen würden wir allmählich verschwinden und sterben (was auch perfekt wäre).

Wenn wir also verstehen, dass alle Herausforderungen in Wahrheit Möglichkeiten sind zu lernen und zu wachsen und zu werden, was wir werden, was wiederum alles durch die Natur und ihren Wunsch nach perfekter Balance geführt wird, was kann dann schon schief gehen? Wenn nichts falsch ist, lüftet sich die Bürde der Menschheit und die Last wird von meinen Schultern genommen und ich bin frei, ich selbst zu sein – zu spielen, zu weinen, zu lachen, zu arbeiten, zu erforschen, zu dienen, zu entfalten und zu wachsen. Es gibt nichts dringenderes wo ich hin muss, denn es ist absolut nichts falsch daran wo ich bin. Es ist nichts falsch daran, was er gesagt hat, was sie gesagt hat, was sie gemacht haben, auch wenn es sich nicht gut anfühlt. Kein Grund auf jemanden wütend zu werden, weil er Dich wörtlich oder körperlich geschlagen hat. Es ist nur die Natur, die sich perfekt entfaltet und offensichtlich ist der Schlag ein Teil meiner Entwicklung, die mich formt, während ich werde, was ich werde. Ich bin sicher, dass dieses Verständnis eine große Hilfe in unserer Yoga Praxis sein wird und auch für Lehrer. Aber mehr als das, wird es unseren Blick auf alles beeinflussen, was wiederum unser Handeln beeinflusst. Hoffentlich können wir den positiven Drall sehen, den dies auf alle Ereignisse und Erfahrungen hat. Alles wird eine Möglichkeit der Entfaltung und des Wachstums. Alles ist natürlich und die Natur ist alles, wovon ich ein Teil bin und so auch Du!

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Bitte verstehe nicht falsch, was ich hier vorschlage. Dies ist keine Passivitätstheorie – es ist eine der Akzeptanz und Aktivität. Nur weil etwas perfekt ist, heißt das nicht, dass nichts getan werden kann. Genau genommen heißt es sogar das Gegenteil. Alles kann getan werden. Wenn alles perfekt passiert, ist auch alles perfekt, was wir fühlen, was bedeutet, dass wenn etwas passiert, von dem wir fühlen, dass es geändert werden muss, wir es ändern können. Wenn es sich richtig anfühlt, unseren Müll zu recyceln oder Solarzellen für unsere Häuser zu kaufen oder Tiere zu retten oder ein Kind zu adoptieren oder jemanden daran zu hindern, jemand anders zu verletzen oder unsere Zeit, Geld oder Güter zu spenden, dann tu das. Wir handeln nach unseren Wünschen; daran ist nichts falsch.

Erinnere Dich einfach, dass wenn es nicht gut läuft, wenn unsere Wünsche nicht erfüllt werden, ist es perfekt! Wenn wir es wieder versuchen wollen, versuchen wir es nochmal. Der Punkt ist, dass wir einen freien Willen haben zu handeln und zu erreichen mit dem Frieden zu wissen, dass alles was passiert, passiert, damit Mutter Natur ihr Schicksal erfüllen kann, wovon wir ein Teil sind. Gibt es nicht ein altes christliches Gebet, das ungefähr so geht: „Gott, gibt mir die Kraft zu ändern, was ich ändern kann und zu akzeptieren, was ich nicht ändern kann?“

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„Unser Lehrer Bryan Kest inspiriert uns mit seinen Ansichten zur Yoga-Philosophie. Daher freuen wir uns, dass er uns sein Vertrauen schenkt und wir seine Texte übersetzen und auf unserem Blog veröffentlichen dürfen.“
Romana & Holger Zapf