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Weniger Rückenschmerzen, der Schwerkraft trotzen, Energie geladen durch den Alltag flowen und dabei noch einen flachen Bauch… genau das ist es, was uns erwarten kann, wenn wir gezielt unsere Körpermitte stabilisieren.

Mula und Uddiyana Bandha -Alles ist Energie

Das Faszinierende am Yoga ist, dass diese uralte Lehre genau die Dinge beschreibt, die auch in der modernen westlichen Medizin und Trainingslehre in den letzten Jahren entdeckt wurden. Ohne Zweifel, wurde in den alten indischen Schriften eine andere Sprache benutzt, deswegen kann man mit Fug und Recht behaupten, dass das, was auch aus sportwissenschaftlicher Sicht richtig ist, ebenso aus energetischer Sicht viel Sinn macht!

Dies gilt zum Beispiel für die Körpermitte. In der Energielehre des Yoga stehen hier Mula und Uddiyana Bandha im Zentrum der Betrachtung. Diese energetischen Verschlüsse sorgen dafür, dass die Lebensenergie, das Prana im Körper gehalten werden. Normalerweise fließt das Prana über die Atmung in den Körper und verlässt als Apana den Körper wieder. Mula Bandha -also das Anspannen des Beckenbodens fungiert hier als ein Verschluss. Er sorgt dafür, dass sich das Prana im Becken sammelt und so den Körper nicht wieder verlässt.

Ich vergleiche diesen Prozess gerne mit einer Badewanne: Das Wasser fließt in die Badewanne hinein, verschließt aber kein Stöpsel den Abfluss, fließt es aber auch wieder aus der Badewanne heraus. Sobald der Stöpsel in der Badewanne ist, steigt der Wasserspiegel. Analog dazu, steigt auch die Energie im Körper an.

Uddiyana Bandha heißt übersetzt, das nach oben fliegende Bandha. Setzen wir dies, so fließt die Energie -idealerweise- die Sushumna entlang kopfwärts! Aus energetischer Sicht, ist die Körpermitte also ein sehr zentraler Aspekt.

Die Körpermitte aus der Perspektive der funktionellen Anatomie

Genauso zentral ist die Körpermitte aus anatomischer Sicht. Denn genau die Aktionen, die dazu führen, dass wir Mula Bandha und Uddiyana Bandha setzen, sind für einen gesunden und schmerzfreien Alltag ganz besonders wichtig.
Wohl dosierte Spannung im Beckenboden ist die Initialzündung für eine aufgerichtete Wirbelsäule.
Spannung im unteren Bauch (etwa 2 Fingerbreit unterhalb des Bauchnabels) sorgt dafür, dass sich auch die tiefliegende Rückenmuskulatur aktiviert. Dieser Effekt nennt sich eine Co-Kontraktion. Ziehst Du den Bauch zur Wirbelsäule, spannt sich reflektorisch die untere Rückenmuskulatur an und dadurch wird der Wirbelsäule quasi ein Korsett aus Muskulatur angelegt. Die Lendenwirbelsäule ist nun geschützt und gestützt und kann das besonders gut machen, wofür sie gebaut ist: Stabilität in den Rumpf bringen!
Denn wegen der großen Kräfte, die aufgrund der Hebelverhältnisse, durch die langen Extremitäten -also die Arme und die Beine- auf den Rumpf wirken, brauchen wir im Lendenwirbelbereich besonders viel Stabilität. Die kann uns nur eine starke Körpermitte bringen.

Anatomisch ist hier ein besonderes Augenmerk auf den M. Transversus Abdominis zu legen. Dieser Muskel zieht von der Wirbelsäule um den Bauch herum bis zur Rektusdiastase auf der Vorderseite des Rumpfes. Er umschließt damit die Organe des Bauchraums und bringt bei Aktivierung sehr viel Stabilität in den Rumpf.
Die Crux ist aber, dass genau dieser Muskel bei vielen Menschen unterentwickelt ist. Die Kraft wird dann eher aus der geraden Bauchmuskulatur geholt und dieser wird bei Bauchübungen auch immer gestärkt. Hierbei aber leider auch der Anteil oberhalb des Bauchnabels, der in der Regel sowieso schon kräftig genug ist und dem Rumpf auch nicht die Stabilität gibt, die er bräuchte. Oft korreliert dies mit Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich.

Deswegen macht es beim Training der Bauchmuskulatur extrem viel Sinn, gerade den unteren Bauch -also den M. Transversus Abdominis- zu trainieren, also den Bereich der sich unterhalb der Bauchmuskulatur befindet.

Wie man den unteren Bauch besonders effektiv trainiert

Lege Dich auf den Rücken und stelle die Füße so hüftgelenksweit auf dem Boden ab, dass die Knie zur Decke zeigen. Fühle mit einer Hand seitlich den Lendenwirbelbereich und drücke den unteren Rücken in Deine Yogamatte. Ziehe gleichzeitig den Bauch 2 Fingerbreit unterhalb des Bauchnabels Richtung Wirbelsäule und konzentriere Dich ganz besonders auf den Bereich unterhalb des Bauchnabels.

Hebe nun abwechselnd einen Fuß etwa 5cm an, ohne dass sich die Wirbelsäule vom Boden oder der untere Bauch von der Wirbelsäule entfernt. Wiederhole die Übungen 5-15 mal und führe sie sehr langsam und kontrolliert aus, um nie den Kontakt zum unteren Bauch zu verlieren.

Wenn Du die Übung achtsam ausgeführt hast, spürst Du nach 4-5 Runden, wie ein leichtes Spannungsgefühl in der unteren Bauchmuskulatur entsteht. Glückwunsch: Du hast nun erfolgreich Deinen M. Transversus trainiert, was oft dazu beiträgt, dass die Wirbelsäule geschützt und gestützt ist. Viele Menschen berichten, dass so die Rückenschmerzen im Lendenwirbelbereich weniger werden.

Kräftige Bauchmuskulatur kann noch mehr!

  • Ein starker unterer Bauch sorgt darüber hinaus dafür, dass Kräfte -genauer Impulse- von den Extremitäten über den Rumpf übertragen werden können.
  • Ein starker Rumpf gibt uns im Yoga die Kraft, um der Schwerkraft quasi zu trotzen und uns z.B. aus der Vorbeuge in den Handstand oder von dort zurück ins Brett schweben können.
  • Ein starker unterer Bauch sorgt auch für eine flache Körpersilhouette. Er lässt uns also nicht nur auf der Yogamatte, sondern auch am Strand eine gute Figur machen.