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Heute wache ich mit rasenden Kopfschmerzen auf. Wildeste Gedanken vermischen sich mit Horrorszenarien und Existenzängsten, die gepaart mit den entsprechenden Emotionen dem Ganzen noch die nötige Würze geben. „Kaufe mindestens 5 Elektroheizungen fürs Studio“, sagt mein Geist neben noch vielen anderen Gedanken, deren Wiedergabe hier den Rahmen sprengen würde. Herzrasen stellt sich ein und meine Atmung spielt verrückt. „Du kannst heute nicht Yoga üben, Dir geht es zu schlecht“, wiederholt die parallellaufende Tonspur in meinem Kopf. Am liebsten würde ich einfach liegen bleiben, so müde bin ich.
Ich weiß, dass das nicht geht, denn das Kind muss zur Schule, die Arbeit wartet und der Haushalt macht sich auch nicht von allein.

Also bleibe ich eine Weile auf dem Rücken liegen und atme in meinen Bauch, mein Herz beruhigt sich, meine Gedanken nicht wirklich. Aber atmen geht immer, egal wie schlecht es einem geht. Inhale – Exhale. Die Atemzüge verlängern. Atem spüren, Gedanken ignorieren. Es dauert etwas, bis ich meine Beine aus dem Bett schwingen kann.

„Lass die Yogapraxis heute ausfallen und trinke lieber in Ruhe einen Kaffee“, erzählt mein Geist weiter fröhlich vor sich hin, während ich mich fertig mache. Ich ignoriere geflissentlich den Inhalt des Geplappers, dass nicht in zwei, sondern in acht Tonspuren in meinem Kopf weiterläuft. Denn wenn ich das nicht tue, breche ich in Tränen aus. Die letzten 2 Jahre haben ihre Spuren hinterlassen.

Was passiert hier gerade?

Patanjali beschreibt im Yoga Stutra wunderbar die Hindernisse auf dem Weg des Yoga im Vers 1.30. und ich bin gerade voll drin.

  1. Krankheit
  2. Desinteresse oder Stumpfsinn
  3. Zweifel
  4. Hochmut
  5. Faulheit
  6. Ablenkung
  7. Fanatismus
  8. Unfähigkeit etwas zu vollenden
  9. Unbeständigkeit

Ich erlebe gerade Krankheit und Ablenkung zusammen. Meine Faulheit und meine Unbeständigkeit spielen auch mit rein, denn im Bett würde ich es gerade viel schöner finden. Zudem erkennt mein Geist die Bilder und Gedanken als die absolute Wahrheit an. Falsche Wahrnehmung in voller Kraft. Ich kenne das bereits und ignoriere das mit aller Kraft.
Und obwohl mein ganzes System laut „NEIN“ schreit, stelle ich mich auf die Matte. Mein Kopf platzt! Vielleicht lege ich mich doch lieber die Stunde noch hin, dann ist Dein Kopf bestimmt besser. „Halt die Klappe“, sage ich laut und singe mein Mantra.

Der innere Film

Diesen Film habe ich nicht jeden Tag (Gott sei Dank), aber es gibt solche und solche Tage, denn so ist das Leben. Wenn der Geist sich an Bilder und Nachrichten im Außen dranhängt und uns damit vermeintliche warnen will, ist das nichts anderes als die steinzeitlichen Warnung vor dem Säbelzahntiger, der vor Millionen von Jahren jederzeit um die Ecke lauern konnte.
Den Tiger gibt es nicht mehr, aber unser Geist hat sich hier nicht maßgeblich weiterentwickelt. Der Stress, die Angst sowie die Reaktionsmuster auf mögliche „Gefahren“ im Außen bleiben die gleichen. Meistens wiederholen wir diese Gedanken in einen inneren Film täglich tausendfach und steigern damit nicht nur unsere Angst, sondern blockieren damit auch unsere Kreativität. Das lösungsorientierte Denken setzt aus und wir sind nur im Überlebensmodus unterwegs.
Dieser Überlebensmodus kostet unglaublich viel Kraft und Energie und fordert alle unsere Sinne. Yoga bietet wundervolle Werkzeuge, um sich aus diesem Modul herauszuziehen und damit unser Leben selbstbestimmt und frei von den inneren Filmen leben zu können. Dafür ist eine tägliche Yoga-Routine unerlässlich.

Die Yoga Praxis

„Vande gurunam…“, Samasthiti, Inhale, Exhale. In jedem Herabschauenden Hund dröhnt mein Kopf laut und unerbittlich weiter und ich habe so meine Schwierigkeiten die Balance zu halten. „Lasse es dann wenigstens ruhig angehen, Du musst nicht das volle Programm machen. 10 min Yoga reichen“, mein Geist ist gnadenlos. Aber ich weiß, dass ich mindestens 30-45 min brauche, bis mein Körper und dann mein Geist reagiert. Das ist bei jedem anders, ich brauche halt länger. Beil vielen Menschen reichen tatsächlich 15 min Yoga täglich aus.

„Atmen“, sage ich zu mir selbst und versuche in jeder Asana dadurch Raum in meinem Körper zu schaffen. Denn nur wenn genug Raum da ist, kann sich die Spannung auflösen und damit alles regulieren. Also gehe ich durch meine Praxis. Nach 30 min bemerke ich eine Veränderung. Meine Kopfschmerzen werden besser, mein Atem ruhiger und meine Gedanken fokussieren sich mehr und mehr auf meinen Atem. Die Bewegungen werden geschmeidiger und mein Körper beginnt zu reagieren. Mit jeder Asana wird es besser, mit jedem Atemzug ruhiger.

Eine Stunde später sitze ich selig lächelnd in meiner Meditation. Mein Kopfschmerz ist fast weg und meine Gedanken sind voller Dankbarkeit und Vorfreude auf den Tag. Ich registriere, in welchem ich Film gefangen war, und stelle wieder einmal fest, dass es nur wir selbst sind, die uns retten können. Nach dem Motto: Change your mind – Change your live!

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