Alles ist im Fluss – Der Horror für unseren Geist
Es ist eine vertrackte Situation: Der Geist möchte an allem Festhalten, doch das Gesetz der Natur ist die Veränderung! Dieses Wissen ist eigentlich schon ziemlich alt. Schon Platon hat das in seiner Lehre angesprochen, was dann später zu dem berühmten Satz „Patha Rei“ – Alles ist im Fluss – von Heraklit zusammengefasst wurde.
Veränderung ist ein Naturgesetz, dass der Geist nicht akzeptieren will
Doch so oft, wie dieser Satz ausgesprochen wird, so oft führt er auch zu Leid, da wir die Veränderung nicht akzeptieren wollen. Genauer: Unser Geist möchte sie nicht anerkennen. Denn unser Geist ist auf „bewahren“ ausgelegt. Das was bekannt ist, kann eingeschätzt werden, hier können Gefahren erkannt werden! Alles was neu ist, ist auch ein Schritt ins Ungewisse.
Veränderungen sind für den Geist neue Ungewissheiten, und die findet er nun mal ganz schön angsteinflößend, da er sie nicht einschätzen kann. Dauerhaftes und zunehmendes Leid ist so vorprogrammiert, da wir -je länger wir auf der Welt sind- mehr Veränderungen erfahren.
Wir leben also in einem andauernden Spannungsverhältnis zwischen dem was der Geist möchte und dem Wesen der Natur. Ein Kampf, den der Geist nur verlieren kann.
Yoga löst die Spannungen
Da Yoga aber unser dauerhaftes Glück anstrebt, hat Yoga auch für dieses Spannungsverhältnis zwischen dem Bestreben des Geistes und den Gesetzen der Natur eine Lösung gefunden.
Diese Lösung besteht zum einen daraus, zu erkennen, dass alles Veränderung ist und dass dies ein ganz normaler Prozess ist: es geht hier also um das sich Üben in Akzeptanz!
Zudem geht es aber auch darum, loszulassen und zu verstehen, dass wir das Glück eben nicht im Außen finden, sondern in uns. Dann kann sich die Natur und alles um uns herum verändern wie es möchte, da wir das wahre Glück in uns tragen. Dann führt die Veränderung im Außen nicht zu einer Beeinträchtigung im Innen.
…So zumindest die Theorie. Denn Yoga sagt auch, dass dies kein einfacher Weg ist, denn unser Geist sorgt immer wieder dafür anzuhaften, sich also mit dem Außen zu verbinden.
Der Unterschied zwischen Yoga üben und Yoga können
Deswegen heißt es aber auch „Yoga üben“ und nicht „Yoga können“.
- Wir üben uns darin, uns nicht zu sehr von unserem Geist einnehmen zu lassen.
- Wir üben, loszulassen.
- Wir üben uns in Gleichmut.
Gelingt uns das immer? Nein!!! Deswegen ist es auch so wichtig, zu üben. Leider neigen wir oft dazu uns auch in diesem Punkt zu viel vorzunehmen. Wir erwarten von uns gleich in Extremsituationen gleichmütig zu sein und nicht anzuhaften. Wie viel einfacher ist es doch, erstmal im Kleinen anzufangen und sich z.B. selber bei der Yogapraxis zu beobachten. Wie gehe ich damit um, dass heute eine Asana nicht so gut funktioniert hat, wie letzte Woche? Wie gehe ich damit um, dass ich heute viel unruhiger bin als letzte Woche? Verurteile ich mich dafür, halte ich an einer äußeren Form fest, oder geht es mir darum, aus dem Prozess Kraft zu ziehen, Veränderungen anzuerkennen und zu akzeptieren, dass sich auch meine eigene Asanapraxis verändert?
Wenn wir damit anfangen, ist schon viel getan. Und das was wir so auf der Matte lernen, können wir dann auch mehr und mehr in den Alltag integrieren. Aber wie gesagt, das ist ein Prozess. Deswegen ist es so wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen: Es heißt „Yoga üben“ und nicht „Yoga können“. Mal gelingt es uns, die Veränderungen mit einem Lächeln hinzunehmen und dann mal wieder nicht. Es lohnt sich auf jeden Fall, es zu üben. So wird das Leben viel leichter und angenehmer: Fange am besten gleich an.
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